Text: Dr. Kirsten Armbruster

Foto: Franz Armbruster
Das Buch „Ich bin eine Hexe“ von Judith Jannberg aus den 80er Jahren war für mich ein Schlüsselbuch. Die Autorin beschreibt dort ein Bild, das mich mein ganzes Leben begleitet hat. Sie schreibt:
„Ein Bild taucht auf. Das Bild von der Eiche auf der Jägerwiese hinter dem Maurerwald in Wien. Dieser Baum steht einsam auf dem Weg, den wir, meine Töchter und die Frauen, die mich sonntags besuchen kommen, entlanggehen, wenn wir einen Ausflug machen. Ich hatte es fast schon vergessen, aber mit diesem Baum hat es eine Bewandtnis“.
Die Autorin erklärt weiter, dass ihr auf all ihren Spaziergängen die riesige Eiche nie aufgefallen war, dass aber irgendwann, als sie versuchte eine Freundin zu trösten, ihr Blick an der prächtigen, hochgewachsenen, weitausladenden Eiche am Wegrand hängen blieb“ . Sie schreibt weiter:
„Erkenntnisblitz! Schlagartig begriff ich. Und ich sprach mehr zu mir selbst als zu Elfe:
Schau dir die an, die steht ganz allein im Leben. Sie ist der Baum mit dem härtesten Holz, deren Wurzeln so weit in die Erde reichen, wie sich die Krone in den Himmel erhebt. Könnte sie sich so weit entfalten, so hoch und mächtig und stark werden, wenn sie dichtgedrängt mit anderen Bäumen dort im Wald stehen würde? Kein Sturm kann sie umwerfen. Sie hält sich an ihren Wurzeln fest. Ihre Äste und Zweige dürfen und können sich so entfalten, wie sie es vermögen. Jetzt weiß ich auch, woher der Ausdruck „Mächtige Eiche“ kommt. Sie ist allein. Ja, das schon. Sie war ein Same, der einmal wusste, was er werden sollte, hatte er doch das ganze Programm Eiche in sich… Links des Weges, im Wald, stehen die Bäume dicht gedrängt. Einer stützt sich am anderen, einer lehnt sich an den anderen an. Da fällt keiner um. Der Preis für das befriedigte Anlehnungsbedürfnis und die Sicherheit vor Sturmgefahr und anderen Unbill ist, dass sie sich gegenseitig in der Entfaltung behindern…. Ich stand für einige Minuten da und empfing den großen Baum mit meinen Armen. Es schien mir passend, dass unter der großen Eiche noch zwei kleine Bäumchen Schutz suchten. Meine Kinder“ . (Zitate aus : Jannberg, Judith: Ich bin eine Hexe, 1987, S. 118-120).
Ich bin auch eine Eiche. Schon vor 30 Jahren habe ich mich dazu entschieden. Damals war ich Feministin, heute bin ich es nicht mehr. Heute bin ich viel radikaler. Heute bin ich radikal denkende, von der Wurzel denkende Patriarchatskritikerin, denn ich habe mich tief verwurzelt. Mein ganzes Denken und Fühlen ist tief verwurzelt in den Höhlen des Paläolithikums, in der Zeit der GottMutterfigurinen, der Zeit der Vulvaritzzeichnungen, der Zeit der Matrifokalität. Den Feminismus musste ich hinter mir lassen – nicht weil ich die Pionierarbeit der Feministinnen nicht schätze, – nein, sondern weil ich so tief zu den Mutterwurzeln der Menschheit zurückgegangen bin, dass ich heute so klar sehe, dass der Feminismus im Patriarchat stecken bleibt und zwar – zurzeit jedenfalls – jede Form des Feminismus: der Gender-Gleichheitsfeminismus, der Differenzfeminismus, der heute in den Universitäten verankerte Queerfeminismus, der Matriarchatsfeminismus und auch der RadikalFeminismus. Dem Feminismus fehlen die Wurzeln. Deshalb verkämpft er sich in Symptomkritik. Das Patriarchat, die Herrschaft der Väter bleibt unberührt. Warum?
Weil die Frage nach der Mutter nicht gestellt wird, nicht gestellt werden darf!
Ich bin eine Hexe, eine Frau, die verstanden hat, dass sie verbunden ist mit der hegenden und für uns Sorge tragenden göttlichen Mutter, der Natur.
Ich brauche keinen Heros, keinen heroischen Mann, keinen Märchenprinzen an meiner Seite und ich brauche auch keine Heilige Hochzeit, denn das sind die Lügen des Patriarchats, die die Wertigkeit eines Menschen mit der heterosexuellen Paarordnung verknüpft haben und uns diese Paarordnung – aufgehübscht durch Romantik-Große-Liebe-Gefasel – als gottgegeben und vaterstaatssanktioniert verkauft.
Ich bin eine tief verwurzelte Eiche, vier junge Eichen, meine Kinder, wurzeln in meinem Schutz und es ist dort auch Platz für einen vätertauglichen Mann, der ebenfalls in diesem Schutzraum leben darf und die Partner meiner Kinder und mögliche Enkelkinder. Es ist der Anfang eines Jetztzeit-Mutterclans, angelehnt an das wieder frei gelegte Wissen der Alten Steinzeit, der Zeit der Heiligen Steine, wo die Lügen, der von patriarchalen Psychologen und Theologen propagierten angeblich nötigen Abtrennung zwischen den Müttern und ihren Kindern, noch nicht die Gehirne vernebelten. Natürlich wäre es schön, wenn in meiner Ursprungsfamilie – meine Mutter, meine Schwestern – den wiederentdeckten freigelegten Muttersippenweg gemeinsam mit mir gehen würden, aber dem ist nicht so. Also bin ich eine Eichenhexe, eine Muttereiche. Ich stehe äußerlich allein da, doch verwurzelt bin ich in der Natur und deshalb bin ich verbunden mit Gott MUTTER und gar nicht allein.
Habt den Mut, da wo ihr steht und geht und lebt, euch zu verbinden mit Gott MUTTER, die sich – wie in Alten Steinzeiten – in der Natur zeigt. Dann seid auch ihr verwurzelt, unbeirrt und stark – und ihr seid nicht mehr allein – und gewappnet für die Verirrungen unserer Jetztzeit!
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Matrifokale Frauen
GOTT MUTTER auf Erden
Profil
Bücher von Kirsten Armbruster
Gott MUTTER im Paläolithikum
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