Nikolaus und Weihnachtsmann in Mutterfarben – eine patriarchatskritische Freilegung

Auch wenn es inzwischen viele Menschen glauben, wurde der Weihnachtsmann nicht von Coca Cola erfunden.

Weihnachtsmann und Nikolaus tragen Mutterfarben. Alarmglocken an!

Denn wenn Männer sich uniformiert in den heiligen Mutterfarben „Rot wie Blut, Weiß wie Schnee und Schwarz wie Ebenholz“ kleiden, liegt es nahe, dass die Mutter – wie auch immer –  missbraucht wird. Erinnern wir uns an das Hakenkreuz der Nazis in rot, weiß und schwarz unter dessen Deckmantel Mütter zu Kriegsmaschineriegebärerinnen degradiert und dafür mit dem Mutterkreuz dekoriert wurden. Die Mutterschaft als „Keim“ für die reine arische Rasse, bestehend aus Müttern und Soldaten, wie es in folgendem Gedicht „Mütterweihnacht“ Ausdruck findet:

„So seh’n wir in der Weihenacht auf Erden
Die Mütter hell im Glanz der Sterne und der Kerzen stehn,
sie mussten still durch Nacht und Not und Schmerzen gehn,
auf dass dem Volk von Morgen Mütter und Soldaten werden.“

zit. aus Wikipedia, Stichwort: Nationalsozialistischer Weihnachtskult

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Hakenkreuz der Nazis in den einst heiligen Mutterfarben, Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei

 

 

 

Dass es ein Kreuz war mit denen Vielgebärerinnen geehrt wurden, um dem Vaterland zu dienen, liegt nahe, denn unter dem Kreuz wurde Maria, die Mutter Jesus dazu verdammt, ihren Sohn einer absurden Mensch-Erlösungsidee von Gott Vater zu opfern. Das Bild der schmerzerfüllten aber stillschweigenden und dem Willen des Vatergottes sich gehorsam ergebenden Maria, ist bis heute das von Patriarchen gern gesehene Mutterbild und Gegenstand höchster und ehrfürchtiger Kunst – und Kirchenverehrung.

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Maria, die gehorsame Mutter unterm  Kreuz, ihrer Göttlichkeit beraubt, das Idealbild von Mutterschaft im Patriarchat ; Foto: Pietá von Michelangelo, St. Peter´s Basilika, Vatikan, GNU FREE Documentation License

Die Idee des Patriarchats ist es den Vater ins Zentrum des Lebens zu stellen, als Gott, als Vater Staat, als Gabenbringer. Die Gaben die er bringt, der Gabenbringer, dem wir an Weihnachten, huldigen – dem Nikolaus und Weihnachtsmann in Mutterfarben – , sind allerdings die Gaben des Kapitalismus, die Gaben des ewigen phallusimitierenden Zwangs zum Wachstum, der mit den Capites der Schaf- und Rinderherden zwischen 8500 und 6500 v.u.Zeitrechnung begann und zu einer Anhäufung männlichen Privateigentums führte unter den Insignien der Geißel und des Hirtenstabs, den Insignien des Bischofs, denen auch heute noch der heilige katholische Nikolaus seine Heiligkeit verdankt, Gott Vater sei Dank!

Aber wo kommen sie her die Farben, die wir noch aus Märchen kennen, die einst heiligen Mutterfarben? Einen erster Hinweis geben uns zwei Tiere, einmal der Marienkäfer, der nicht zufällig nach der MA-ria benannt ist, die in ihrem Wesenskern allerdings nichts mit der dem Patriarchat dienenden MA-ria  gemein hat, da sie ursprünglich für die göttliche Mutter und die älteste Religion der Menschheit steht. Und ein zweites Tier verweist ebenfalls auf die Mutter, nämlich Frau Storch, die bis heute, fest verankert in den Ritualen der Menschen, aufgestellt wird vor den Häusern, wenn ein neues Menschenkind geboren wird – auch heute noch  – schmerzhaft für das Patriarchat – nicht vom Vater, sondern von der Mutter.

Marienkäfer und Frau Storch in Mutterfarben, Bild 1: Wikimedia Commons, public domain, User: Jon Sullivan, Foto 2: Franz Armbruster

Tief verwurzelt sind die Mutterfarben in der Menschheitsgeschichte, bestreuten die Menschen aus dem Paläolithikum, der Altsteinzeit, doch ihre Toten, die sie in Richtung Osten ausrichteten und anfangs vor allem in Höhlen bestatteten, mit rotem Ocker. Und sie taten nicht nur das, sondern sie bemalten die Höhlen auch in den heiligen Mutterfarben rot und schwarz.

Trächtige Pferdestute in rot und schwarz mit natürlichem M- Symbol in der Fellzeichnung aus der Höhle Lascaux in Frankreich. Der Buchstabe M ist wie das T-Symbol einer der ältesten Buchstaben, die wir bereits in den paläolithischen Höhlen finden und beide sind ursprünglich das Symbol der gespreizten Beine der Menschenmutter bei der Geburt und das nicht nur im Paläolithikum, sondern auch im Neolithikum. Foto 1: Pferd aus der Höhle von Lascaux, neuste Datierung zwischen 36 000 und 15 000 v.u.Z.; Wikimedia Commons public domain; Foto 2: Keramik aus Hacilar, Türkei,  5000 v.u.Z., Creative Commons Attr.-Share Alike 3.0 unported license, User: MM

Wir finden in den Höhlen aber auch häufig die Mutterfarbe weiß in Form von Calcitablagerungen und nicht zufällig werden diese weißen Calcitablagerungen bis heute Mondmilch genannt. Die Mondmilch erinnert an die enge zyklische Anbindung der Frauen an Frau Mond, die den Menstruationszyklus der Frauen steuert und das einst heilige Menstruationsblut, das Voraussetzung ist, dass Frauen Mütter werden können, fließen lässt.  Tatsächlich sind diese Mutterfarben tief im menschlichen Bewusstsein verankert und zwar vor allem im körperlichen Bewusstsein der Menschenmutter, aber spiegelbildlich auch im Kosmos unseres Lebensraums der Erde, weshalb wir bis heute von Mutter Erde und Mutter Natur sprechen, den eigentlichen Gabenbringerinnen in unserer Welt. In diesem Zusammenhang sei auf die von Genevieve Vaughan freigelegte Schenkökonomie der Natur hingewiesen (Vaughan, Genevieve; For-Giving – Eine feministische Kritik des Tauschs, 2008),  die das Patriarchat in Privatbesitz, vor allem von Männern, eingepfercht hat. Privare bedeutet allerdings bis heute und nicht zufällig: rauben.

Rot wie Blut, Weiß wie Schnee, Schwarz wie Ebenholz – die heiligen Mutterfarben

„Rot steht für das heilige Menstruationsblut, das Voraussetzung ist, um Mutter zu werden, aber auch für das Nabelblut der Nabelschnur, der Schlange des Lebens, mit der neues Leben im Bauch der Mutter genährt wird. Das Blut der Frauen, der Bauch der Frauen, einschließlich der Höhlen als Erdbauchmutter, aber auch die Schlange als Symbol für die Mutter und Kind verbindende Nabelschnur, sind zentrale Lebensattribute und daher in der Religion von Gott der MUTTER heilig. Die Heiligung von Menstruationsblut und Nabelblut, als an Leben gekoppeltes Blut der Mütter, macht ein Blutopfer, wie wir es aus späteren patriarchalen Zeiten kennen, unnötig und kommt daher auch nicht vor. Die Farbe Weiß steht für die Milch der Mutter, für die Mondmilch und die Milchstraße am Firmament, aber auch für das Weiß der Knochen, die nach dem Tod und der damit verbundenen Verwandlung aller organischen Substanz in schwarze fruchtbare Mutterhumuserde noch in der Erde zurückbleiben. Und hier sehen wir auch die Bedeutung der Farbe Schwarz. In der Schwärze des Mutterbauchs, in der Schwärze der Erdbauchhöhle, in der Schwärze der Nacht, in der dreitägigen schwarzen Phase von Frau Mond und in der Dunkelheit des Winters geschieht die Magische Wandlung des Todes in neues Leben. Hierdurch wird der Kreislauf des Lebens aufrechterhalten.“ (Armbruster, Kirsten: Gott die MUTTER, 2013, S. 18-19)

Gott MUTTER ist also die eigentliche Gabenbringerin, denn sie steht für die Natur, die uns alles schenkt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in Italien bis heute nicht der Weihnachtsmann, sondern die Weihnachtshexe Befana –  inzwischen allerdings christlich vereinnahmt – die Geschenke bringt.

Die Weihnachtshexe Befana bringt in Italien auch heute noch die Geschenke; Foto 1: GNU Free Licene; Foto2: Creative Commons Attr.- Share 4.0 international, User: Tiguliano

Gefeiert wurde an Weihnachten die Wintersonnenwende, die jahreszeitlich zyklische Rückkehr des Sonnenlichts, das Voraussetzung ist für das Leben auf Erden und deshalb auch aufgrund der Beobachtung der Naturzyklen die Hoffnung auf Wiedergeburt war. Das ist der Grund weshalb die Menschen im Paläolithikum, der Altsteinzeit, bei Bestattungen das Ritual zelebrierten, die Toten in Richtung Osten in Richtung der aufgehenden Morgenröte auszurichten und sie mit rotem Ocker zu bestreuen. Und interessant ist, dass Weihnachten mit seinen nichtchristlichen Ritualen wie dem Adventskranz, dem Tannenbaum und den Lichterketten bis heute vor allem ein Lichterfest ist, ein Lichterfest eben in Vorfreude auf die Wintersonnenwende mit ihrer Rückkehr des lebensnotwendigen Sonnenlichts.  Die Sonne war in dem mütterlichen Verständnis des Kosmos deshalb auch mythologisch ursprünglich weiblich besetzt, wie in Ägypten mit der Göttin Nut oder in der baskischen Mythologie um die Göttin Mari mit der Sonnengöttin Ekhi, oder auch der germanischen Sonnengöttin Sunna.

Abbg3+49 Sonnen nachziehenDie ägyptische Göttin Nut/Hathor, welche täglich die Sonne gebiert und verschluckt, Bild: Nachzeichnung Franz Armbruster

Tatsächlich ist es kein Zufall, dass im Laufe der Patriarchalisierung während des Metallzeitalters Pharao Echnaton in Ägypten 1500 v.u.Z. den Versuch startete als ersten monotheistischen Gott den Sonnengott Aton durchzusetzen, was aber zu dem Zeitpunkt noch nicht mit Erfolg gekrönt war. Nach dem Mythologischen Muttermord, 1100 v.u.Z. im babylonischen Enuma Elish und 458 v.u.Z. in der griechischen Orestie waren aber die Zeiten für die Institutionalisierung eines männlichen Sonnengottes in Verbindung mit männlichen Heldenlegenden, dem sogenannten Hellenismus, günstig. Und so ließen sich die Nazis in Deutschland auch nicht nehmen, die germanische Sonnengöttin Sunna in den männlichen Sunnwendmann zu verwandeln und diesen in Weihnachtsliedern zu besingen zum Beispiel in dem Lied: Der Sunnwendmann, wo kommt er her:

 

Es ist Zeit die Weihnachtszeit wieder von den patriarchalen Zuschreibungen zu befreien und die Weihenachtszeit wieder als naturzyklisches Lichterfest zu Ehren von Mutter Natur zu verstehen.

Weitere Informationen:

Am Anfang war Gott MUTTER

Rot wie Blut – Weiß wie Schnee – Schwarz wie Ebenholz – Die Religion von Gott MUTTER

Warum der Storch bis heute die Kinder bringt

Patriarchaler Umbruch: Die Vermännlichung des Sonnenkults

Zeittafel der menschlichen Geschichte auf der Basis der Patriarchatskritikforschung

Von den Nikoläusen und Weihnachtsmännern dieser Welt – Hokus Pokus Fidibus

Patriarchaler Umbruch: Die Vermännlichung des Sonnenkults

Die baskische Mythologie ist weiblich

Es ist nicht die Natur des Mannes ein Krieger zu sein und Gott MUTTER braucht keinen Heros