Die Transdiskussion: Gefangen zwischen einer Zwei-Geschlechter-Gott-Vater-Biologie und einer Transhumanen-Ich-bin-mein-eigener-Gott-Ideologie

Vulvaritzzeichnungen aus dem Mutterhöhlenheiligtum Tito Bustillo im Schrein der Vulven, Ribadesella, Asturien, Spanien, Datierung: 22 000-10 000 v.u.Zeitrechnung, Foto: Franz Armbruster

Die gegenwärtige öffentliche Transdiskussion irrt seit einiger Zeit, scheinbar unlösbar, zwischen zwei feministischen Strömungen herum: den als TERFS (Trans-Exclusionary Radical Feminism) beschimpften Radikalfeministinnen* (Radfems) und den sich als woke und deshalb besonders modern fühlenden Queerfeministinnen* oder Liberalfeministinnen* (Queerfems oder Libfems). Ein Konsens ist nicht in Sicht. Wenn Feministinnen* sich gegenseitig zerfleischen, freut sich das Patriarchat, denn Krieg ist nicht die „Natur“ des Menschen, sondern nur eine der Hauptstrategien des Patriarchats, wie wir aus den Forschungsergebnissen der Interdisziplinären Patriarchatskritikforschung IPKF wissen. Und wir wissen auch inzwischen: Das Patriarchat als menschliche Kriegsgesellschaft existiert nicht seit Menchengedenken, sondern erst seit der Bronzezeit. Schauen wir uns die Transdiskussion mit dem Wissen der IPKF an, so ist leicht erkennbar, dass beide feministischen Strömungen falsch liegen, beide haben in der Tiefe zu wenig von den Strukturen des Patriarchats verstanden. Schauen wir uns beide Argumentationslinien daher noch einmal genauer an.

Die Position der Radfems, dass es ausschließlich zwei biologische Geschlechter gäbe, vertritt, wie öfters zu lesen ist, eine sogenannte „Schulbiologie„. Diese wird untermauert u.a. durch öffentliche Stellungsnahmen von Biologinnen wie Antje Galuschka, Marie-Luise-Vollbrecht und sogar, wie in emma zu lesen, der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard. Nüsslein-Volhard erklärt in dem von der emma-Redakteurin Chantal Louis geführten Interview den „Grundkurs in Biologie“ folgendermaßen:

„Bei allen Säugetieren gibt es zwei Geschlechter, und der Mensch ist ein Säugetier. Da gibt es das eine Geschlecht, das die Eier produziert, zwei X-Chromosomen hat. Das nennt man weiblich. Und es gibt das andere, das die Spermien produziert, ein X- und ein Y-Chromosom hat. Das nennt man männlich. Und wenn sich ein Ei mit einem Spermium vereinigt, entsteht ein neues Wesen“. (Viele Geschlechter? Das ist Unfug!; emma online, 22.8.2022).

Fertig ist die in allen Schulen gelehrte „Paarordnung des Menschen„, die Paarordnung, die die patriarchal monotheistische Gott-Vater-Theologie im Alten Testament und deshalb unumstößlich und ewig gültig verfügt hat und zwar in allen drei sogenannten Buchtheologien – dem Judentum, dem Christentum und dem Islam.

Im 1. Buch Mose lesen wir, dass Gott der HERR den Menschen nach seinem Bild schuf und zwar als Mann und Frau (1. Mose, 1,Vers 28). Den Mann, den eigentlichen Menschen, schuf Gott der HERR aus Staub vom Erdboden (1. Mose, 2, Vers 7). Die Frau, die im Bilde Gottes als Hilfe des eigentlichen Menschen, des Mannes, gedacht war (und immer noch so in Gott Vaters „ewiger Weisheit“ gedacht ist), schuf Gott der HERR aus der Rippe des Mannes, des eigentlichen Menschen. (1. Mose, 2, Vers 21-23).

Biologie auf Schulniveau wird nicht nur auf eben dieser sehr simplifizierenden Art und Weise gelehrt, sondern vor allem auch auf der misogynen Basis dieser Gott-Vater-Zwei-Geschlechter-Schöpfungstheologie, die immer noch das Wertefundament unserer Gesellschaft prägt. Aus der Matrifokalitätsforschung wissen wir, dass diese vom Patriarchat indoktrinierte Paarordnung für Säugetierarten falsch ist, weil, die sich zum Beispiel bei der Menschenfrau über 10 Mondmonate hinziehende biologische Köperarbeit der Mutter während der Schwangerschaft natürlich absolut nicht gleichgesetzt werden kann, mit der einsekündigen Körperarbeit des sexuell beteiligten Mannes, des genetisch beteiligten Vaters, um nur ein Beipiel zu nennen. Und nicht zufällig werden Säugetierarten korrekt als Mammalia bezeichnet, als Wesen, die in erster Linie von der Mama und in zweiter Linie von der matrilinearen Großmutter- Mutterlinie abhängen, weshalb Matrifokalität (Mütter im Focus, Mütter im Zentrum) die biologische Ordnung der Säugetierarten ist und nicht die Paarordnung, schon gar nicht, wie im Patriarchat indoktriniert, die Vater-Mutter-Kind-Ordnung, mit dem erstgenannten Vater als herrschendem Oberhaupt der Familie (mehr dazu in Armbruster, Kirsten: Patriarchatskritik, 2020). Auf einer ausschließlichen heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit biologisch zu verharren, wird der vielfältigen Komplexität der Biologie mit ihrer Fülle von biochemischen Kombinations- und Rekombinationsmöglichkeiten nicht gerecht. Die Transdiskussion wird daher von der Seite der Radfems auf einem patriarchal geprägten falschen Biologieverständnis geführt, das transgeschlechtlichen Menschen ihre Existenz abspricht, bzw. sie in eine psychische Morbidität hineinfabuliert: eine no-way- Argumentation.

Anders, aber nicht besser, sieht es auf der Argumentationslinie der Queerfems aus. Auf der Basis der Thesen einer Judith Butler, die Geschlecht überhaupt nicht mehr biologisch, sondern nur noch sozial gendermäßig konfiguriert definiert, was dann als woke, links- liberal und damit als modern propagiert wird, bewegen wir uns ganz genauso innerhalb einer tief patriarchalen Indoktrination, die, parallel und gleichzeitig zur angeblich biologisch determinierten Zweigeschlechtlichkeit von Gott-Vater verfügt wurde und ebenfalls im 1. Buch Mose festgehalten ist (1. Mose 1, Vers 28), nämlich, dass der Mensch sich die Erde untertan machen soll, mitsamt all ihren Kreaturen. Der Transhumanismus setzt genau auf diesen im Patriarchat tief verankerten unbedingten Wunsch, die Natur zu entmachten. Das ist kein Zufall, denn die Natur gilt bis heute weltweit als Mutter, als Mutter Natur, als Macht des Lebens, Muttermacht, die diamentral entgegen gesetzt ist zur Herrschaftsmacht patriarchaler Väter und Männer mit einem toxisch-patriarchalen Männlichkeitsverständnis, verbunden mit Gewalt- und Tötungsphantasien, denn: Es war schon immer das höchste Ziel des Patriarchats Mutter Natur abzuschaffen und Mütter unter den Herrschaftsbereich von Vätern zu bringen mit dem Endziel, die Mutter durch ein Etwas zu ersetzen, nach dem Motto: Ich bin mein eigener Gott, befreie mich von den“ engen“ Grenzen der Natur und schaffe mir die Welt, wie auch immer sie mir gefällt. Gebären kann dann nicht nur die Mutter, sondern jeder der sich als Mutter identifiziert, oder noch einfacher, eine maschinelle Gebärmutter mit Wunschprogrammierung. Dieses transhumane Wunschprogramm, die Natur zu überwinden mit ihrer Mutter-Lebensmacht (der Macht, Leben zu machen) und der Überwindung des sich in der Natur durch die biologisch verankerte freie Sexualität der Frau (female choice) sich ergebenden Pater incognito, ist genauso Teil patriarchaler Indoktrination, wie die angebliche Paarordnung als heteronormativ zweigeschlechtliche Familiennorm bei Säugetieren. (auch hier verweise ich zur Vertiefung noch einmal auf das erste Standardwerk der Interdiszipinären Patriarchatskritikforschung IPKF: Armbruster, Kirsten: Patriarchatskritik, 2020).

Wenn sich beide feministischen Fronten der Radfems und der Queerfems auf patriarchal vermintem Gebiet bewegen, wo keine Lösung zu finden ist, wie kann dann eine postpatriarchale Lösung des „Transproblems“ aussehen? Sehr einfach, wenn wir die patriarchalem Indoktrinationen in ihrer Tiefe verstanden haben, können wir sie hinter uns lassen. Das bedeutet:

Es gibt viele biologische Formen von Geschlechtlichkeit, weiblich, männlich, intergeschlechtlich und transgeschlechtlich und die wiederum in verschiedenen Variationen, denn Vielfalt ist der Weg der Natur, Monismus oder Dualismus hingegen der zerstörerische, einengende und falsche Weg des Patriarchats. Der größte gemeinsame Nenner bei allen Säugetierarten ist die Tatsache, dass alles Leben durch Mütter ins Leben getragen wird. Das ist die sogenannte Natürliche Integrative Ordnung der Mutter, die NIOM-Ordnung. Welche Form von Geschlechtlichkeit letztendlich im mütterlichen Körper herausgebildet wird, unterliegt nicht nur der Zusammensetzung der Geschlechtschromosomen X und Y, sondern wesentlich auch der, den Embryo umgebenden Umwelt, also dem Körper der Mutter. Bisher verstehen wir noch extrem wenig, wie Geschlechtlichkeit sich tatsächlich biologisch herausbildet. Was sich aber abzeichnet ist sehr deutlich, dass epigenetische Einflüsse, wesentliche Faktoren sind bei der Entwicklung von Leben und damit auch von Geschlechtlichkeit.

Das bedeutet: die Gesellschaft muss sich öffnen für Intergeschlechtlichkeit und für Transgeschlechtlichkeit, und diesbezüglich auch die geltenden entwürdigenden Gesetze verändern, aber nicht nur das. Wir müssen auch unsere Geschlechtsstereotypen insgesamt verändern und aus den bis heute geltenden engen Kategorien befreien, hin zu genderfluid:

Wenn wir dadurch die Biologie von ihren patriarchal-dogmatischen Zuschreibungen befreien, dann können wir alle so bunt leben, wie es die Natur eigentlich für uns vorgesehen hat.

Ob operative Geschlechtsumwandlungen und vielleicht sogar hormonelle Behandlungen dann überhaupt noch nötig sind, lasse ich mal offen, denn, wenn ich gar nicht in einem „Falschen Geschlecht“ geboren werde, kann ich mich vielleicht mögen, so wie ich bin, vorausgesetzt die Gesellschaft akzeptiert diese Geschlechtervarianz ebenfalls. Befreiung von der patriarchal dogmatisierten Dualität der Geschlechter öffnet den Raum für Variationen von weiblich, männlich, intergeschlechtlich, transgeschlechtlich, letztendlich non-binär. Der größte verbindende Faktor der Menschheit ist, dass wir alle jenseits von Rasse, Religion, Geschlecht, Nationalität von Müttern ins Leben getragen werden. Ein dickes Dankeschön an die Mütter dieser Welt ist an dieser Stelle angebracht!

Kirsten Armbruster: Meine Stellungsnahme zum Thema Trans aus Sicht der Interdisziplinären Patriarchatskritikforschung IPKF

Nachdem ich immer wieder angeschrieben werde, doch bitte zum Thema Trans noch einmal Stellung zu beziehen, habe ich mich entschlossen, dem auch noch einmal in Kurzform an dieser Stelle zu entsprechen. Ich weise aber darauf hin, dass ich mich bereits 2021 in meinem Buch „Patriarchatskritik“ (S: 563-604), in einem eigenen, 40-seitigen Kapitel mit dem Titel „Homosexualität, Intersexualität, Transsexualität und transhumaner Transgenderismus – eine differenzierte Analyse aus Sicht der Interdisziplinären Patriarchatskritikforschung (IPKF)“ mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Hier also ein paar Schlussfolgerungen in Kurzform:

Grundsätzlich halte ich es für falsch von Transsexualität zu sprechen. Ich preferiere hingegen den Begriff Transgeschlechtlichkeit, weil es beim Thema Trans nicht um Sexualität geht, sondern um das Verständnis von Geschlecht, was etwas völlig anderes ist.

Die Ergebnisse der Interdisziplinären Patriarchatskritikforschung IPKF haben mich dazu gebracht, von der Natur und der Biologie her zu denken. Dabei habe ich freigelegt, dass unser heute übliches Denken von der Mann-Frau-Paarordnung her, nicht nur aufgrund seinem Gefangensein in der heteronormativen Sexualitätsvorstellung für Mammaliaarten, also alle Säugetiere einschließlich der Menschenart, völlig falsch ist, sondern, dass dies auch auf der Fortpflanzungsebene nicht stimmt. Unsere gesellschaftliche Codierung auf 50 % Vater + 50 % Mutter= Kind, wobei der Vater noch dazu an erster Stelle genannt wird, ist biologisch völlig falsch und beruht auf der patriarchalen Gehirnwäsche, der wir alle ausgesetzt sind. Hierzu habe ich in meinem Buch „Patriarchatskritik“ zwei Kapitel geschrieben, einmal das Kapitel „Von mutterbiologischen Tatsachen und dem patriarchalen Dogma von männlichem „Samen“, der Mütter zu passiven Gefäßen des Mannes degradiert“ (S.38-51) und das Kapitel „Männlicher Fruchtbarkeitswahn als Grundlage des Patriarchats“ (S. 114-153). Das erstgenannte Kapitel ist auch über die Suchfunktion in diesem Blog lesbar.

Das Ergebnis der IPKF kurz zusammengefasst: Bei allen Mammaliaarten steht nicht die Paarordnung Frau-Mann im Zentrum von Biologie, sondern die Mutter und bei Menopausenarten, zu denen der Mensch sogar in herausragender Art gehört, ist hinzukommend noch in besonderer Weise die Mutter-Großmutterlinie für das Überleben der Art elementar. Auch hierzu habe ich in meinem Buch „Patriarchatskritik“ ein ganz eigenes Kapitel geschrieben, nämlich „Großmütter und Mütter als Trägerinnen menschlicher Evolution“ (S. 293-304). Ich habe dazu den Begriff der „Natürlichen Integrativen Ordnung der Mutter (NIOM)“ geprägt. Der Mann ist Teil dieser NIOM-Ordnung, denn die Natur hat es im Laufe der Evolution so angelegt, dass nicht das Männliche das Männliche zur Welt bringt und die Frau das Weibliche, sondern, dass die Mutter alles Leben zur Welt bringt. Dass wir heute gefangen sind im Paardenken ist also nicht natürlich oder biologisch, sondern Ergebnis einer mit Gewalt durchgesetzten männlichen Hybrisnormierung, dem Kern der patriarchal erzählten Geschichte der „Sieger“. Und wie Gehirnwäsche funktioniert, können wir ja heute täglich ganz besonders gut nachvollziehen in den putinschen Verdrehungen, die eine am gesunden Menschenverstand zweifeln lässt.

Fängt eine hingegen an, von der Mutter als Beginn allen menschlichen Lebens zu denken, können wir erkennen, dass nicht das Paar, sondern Matrifokalität die biologische Ordnung des Menschen ist und dass der Mann als biologischer Vater einen wichtigen, aber im Verhältnis zur Mutter einen sehr gerigen Anteil an der Fortpflanzung trägt. (auch dazu mehr in meinem Buch Patriarchatskritik). Matrifokalität bedeutet hierbei ganz einfach: Mütter im Focus, Mütter im Zentrum. Es ist die logische biologische Ordnung des Menschen und hat nichts mit Matriarchat zu tun.

Nähern wir uns unter dieser Prämisse dem Thema der Transgeschlechtlichkeit, sehen wir, dass sich die beiden „Kriegsparteien“ in der öffentlichen Diskussion, die insbesondere bei Twitter mit heftigen Bandagen ausgetragen wird, dass also auf der einen Seite die TRA´s, die sogenannten Transaktivisten und auf der anderen Seite die Radfems, die sogenannten Radikalfeministinnen im Grunde genommen beide die nicht menschenartgerechte Paarordnung als Denkgrundlage verwenden. Die Tra`s bestehen darauf als Frauen oder Männer anerkannt zu werden, obwohl ihre sekundären Geschlechtsmerkmale dem gegenteiligen Geschlecht zugeordnet werden und die Radfems bestehen darauf, dass es ausschließlich 2 Geschlechter gibt. Geschlecht leiten sie dabei von den äußeren Geschlechtsorganen und chromosomal ab, also von den X und Y-Chromosomen. Ich halte beides für falsch, denn die männlich-weibliche Normierung ist die typische patriarchale Paar-Normierung, während die Mutter-Normierung im Patriarchat unsichtbar gemacht und unterschlagen wird.

Die Lösung des innerhalb der patriarchalen Paarordnung unlösbaren Problems liegt darin, nicht mehr vom Paar her zu denken, sondern von der Mutter her zu denken, denn im Körper der Mutter beginnt die Geschlechtsentwicklung. In meinem Buch „Patriarchatskritik“ habe ich daher in dem Unterkapitel Transgeschlechtlichkeit (S. 586-598) darauf hingewiesen, dass der Embryo nicht losgelöst vom Körper der Mutter her gedacht werden kann mit all den komplizierten biochemischen Interaktionen im Laufe der Schwangerschaft, von denen wir bis heute kaum etwas verstehen. In dem Zusammenhang habe ich vorgeschlagen als Modell zur Geschlechtsentwicklung zum besseren Verständnis ein Vierfaktorenmodell als Grundlage heranzuziehen, wonach sich das biologische Geschlecht beim Menschen nicht nur aus dem genetischen Geschlecht, das durch die Geschlechtschromosomen X und Y abgeleitet wird, aus dem gonadalen Geschlecht, das von den Ovarien und Hoden abgeleitet wird, vom phänotypischen Geschlecht, das von den inneren und äußeren Geschlechtsorganen abgeleitet wird, sondern noch von einem weiteren geschlechtsbestimmenden Faktor, nämlich dem von mir sogenannten Gehirngeschlecht. Das beruht auf den Erkenntnissen, dass aus neurowissenschaftlicher Sicht bekannt ist, dass Sexualhormone für geschlechtsspezifische Dimorphismen der Gehirnentwicklung und die Herausbildung geschlechtstypischer Verhaltensweisen mitverantwortlich sind. Beim Embryo haben wir es aber nicht nur mit diesebezüglichen Einflussfaktoren des Embryokörpers zu tun, sondern auch mit weiteren hochkomplexen möglichen Interaktionen seitens des Körpers der Mutter. Da wir alle inzwischen wissen, dass Forschung auch heute noch vor allem männernormiert ist, ist es auch sofort verständlich, dass wir bezüglich einer Mutterkörperforschung noch immer völlig im Dunkeln tappen.

Ich gehe inzwischen davon aus, dass Transgeschlechtlichkeit eine biologische Tatsache ist, auch wenn uns – wie gleichfalls bei Homosexualität und Heterosexualität – messbare physiologische Parameter bisher fehlen. Ich gehe davon aus, dass Transmänner und Transfrauen Ausdruck einer biologischen Geschlechtervielfalt sind und zwar innerhalb der mütterlichen Ordnung NIOM, die immer integrativ ist. Ich denke, dass unsere falsche, dem Patriarchat geschuldete Paar-Normierung, Schuld daran trägt, dass Menschen sich im falschen Körper geboren fühlen. Ich habe große Zweifel daran, dass Operationen und /oder vielleicht auch Hormonbehandlungen wirklich für ein gutes Leben notwendig sind, vorausgesetzt wir würden nicht in einer patriarchalen heteronormativen Welt leben, noch dazu mit völlig patriarchtsverqueren Gendervorstellungen.

Kurzfazit:

Ich halte die derzeitige Diskussion zum hochkomplexen Thema der Transgechlechtlichkeit als nicht zielführend und nicht lösungsorientiert und insbesondere Twitter mit seinen emotional-toxischen Algorithmen für völlig kontraproduktiv. Es ist richtig und wichtig Transgeschlechtlichkeit gesellschaftlich Raum zu geben. Da ich persönlich, wie schon oft erläutert, Psychologie für tief patriarchal normiert halte, und es, wie auch bei Homosexualität keine eindeutigen messbaren biologischen Parameter gibt, da wir also bisher sehr wenig biologisch von dem Thema verstehen, halte ich das geplante Self-ID Gesetz zurzeit für den einzig gangbaren politischen Weg Betroffenen gesellschaftlich Raum zu geben, so wie auch Homosexuelle oder Bisexuelle selbstbestimmt ihre sexuelle Präferenz kennen und leben können sollten, was ja auch längst noch nicht überall der Fall ist.

Transgeschlechtliche müssen und sollen in unserer Gesellchaft sichtbar sein, sollen politische Ämter bekleiden. Ich halte daher die Argumentation der Radfems für falsch, weil sie Transgeschlechtlichkeit mit ihrem Beharren auf ausschließlich zwei biologische Geschlechter die Existenz absprechen, was natürlich Teil der Aggresssionsspiralbubble ist, in der sich diese Diskussion bisher bewegt. Ich halte aber auch die Idee einer Judith Butler, das Geschlecht sei nicht biologisch sondern nur sozial begründet und den auf dieser Basis entwickelten transhumanen Transgenderismus für regelrecht absurd. So, wie die Natur die Grundlage des Lebens insgesamt ist, ist Biologie auch immer die Grundlage menschlichen Lebens. Daher macht es keinen Sinn von der Seite der TRA´s her zu brüllen: Transfrauen sind Frauen und in dem Zuge Frauenräume mit Gewalt zu okkupieren. Nein, sind sie nicht: Frauen sind Frauen, Transfrauen sind Transfrauen, Männer sind Männer und Transmänner sind Transmänner.

Vielfalt und in diesem Fall Geschlechtervielfalt ist der Weg der Natur. Und, da wir leider immer noch mitten im Patriarchat leben, müssen beim Umgang mit dem Thema Transgeschlechtlichkeit die berechtigten Befürchtungen der Radfems berücksichtigt werden, die da sind: Es muss reine Frauenräume und auch reine Frauenschutzräume geben, zum Beispiel im Sport, zum Beispiel in Gefängnissen, zum Beispiel in Frauenhäusern, zum Beispiel in Verbindung mit der Ausübung der freien sexuellen female choice insbesondere auch bei Lesben. Und es muss bei Jugendlichen und zunehmend gerade auch bei weiblichen Jugendlichen die weibliche geschlechterimmanente patriarchale Diskrimierung bei dem Wunsch nach einer Transition unbedingt Berücksichtigung finden, sonst machen wir uns mit dem Einsatz von Pubertätsblockern schuldig. Hier liegt mein größtes Unbehagen. Kein Problem habe ich hingegen mit älteren Männern, die sich erst sehr spät als Trans outen. Ich denke, dieses Phänomen ist der Tatsache geschuldet, dass es durch unsere patriarchale Indoktrination für diese Menschen all die Jahre gar keinen Raum und keinen Platz und auch keine Worte gab, sich zu outen.

Und so sitze ich als Interdisziplinäre Patriarchatskritikforscherin zwischen allen Stühlen. Kein einfacher und kein bequemer Platz, aber vielleicht auch ein Platz, eine Brücke zu schlagen.